Keine Birnen auf der Streuobstwiese

Ich möchte selbstverständlich nicht derjenige sein, der Herman Kemp in irgendeiner Weise stigmatisiert, aber andererseits erinnere ich mich noch an den letzten Anruf, der mit der Bitte verbunden war, Du Sonja möchte…

 

und jetzt? Von wegen Hermes – nein nicht der vom Ottoversand - und wieder brachte er mir eine neue Botschaft oder besser einen Auftrag. »Jürgen, am Freitag gehen wir mit allen teilnehmenden Kindern und Pädagogen im Rahmen einer biologischen Exkursion auf eine Apfelwiese. Frau Xenia Scherz von der Biostation des Rhein-Sieg-Kreises wird uns dort einiges erklären!« Also ergab ich mich unserem Schicksal, plante meinen Freitag um, und wartete auf dem Hof auf Frau Scherz. Ich hatte noch Zeit und wollte mich vorbereiten. Apfelwiese…? War nicht mein schon mal erwähnter Deutschlehrer ein bekennender Fan von alten Dichtungen gewesen und hatte er uns nicht mit dem ein oder anderen Gedicht gequält? Da fiel mir eines ein, es hatte glaube ich etwas mit Obst zu tun:

»Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand.!«

Schade, falsches Obst und je mehr Gedicht mir einfiel, um so weniger reimte sich Apfel oder Apfelwiese. Während ich mir noch das Hirn zermarterte, erschien Frau Scherz in Begleitung eines völlig entspannten Hundes und hatte daher schon bei dem meisten Kindern und Jugendlichen viele Pluspunkte. Nach kurzer Vorstellungsrunde machten wir uns auf den Weg.

Ohne behaupten zu wollen, dass unsere »Pauline« im »Hochalpinen Gelände« liegen würde, liegen wir schon im Schatten zweier Gipfel, dem Wols- und dem Riemberg. Hier ist der Riemberg aus zwei Gründen besonders interessant. Erstens sollen hier die Heinzelmännchen gelebt haben, die aus bekannten Gründen komplett im Untergrund verschwunden sind und zweitens lag und liegt hier die im Rahmen unserer Exkursion besuchte Apfelwiese. Anfänglich noch ein bisschen traurig gestimmt, wie gut hätte doch mein Gedicht gepasst, wäre es doch nur ein Birnenhain gewesen, schlug diese Stimmung schnell um. Frau Scherz erzählte spannend über diese Streuobstwiese und zeigte uns schon auf dem relativ kurzen Weg dahin viele unterschiedliche Bäume, die uns im Allgemeinen zuvor noch nicht aufgefallen waren. Auf ihre Weisung schwärmten wir aus, um unterschiedliche Insekten und allerlei anderes Getier zu suchen. Selbst die größten Skeptiker vermochte sie auf ihre Seite zu ziehen, als sie unter einem größeren Grasbüschel eine Kröte hervorzog. Sie wurde von allen Seiten betrachtet und nach kurzer Zeit wieder in ihre Freiheit entlassen.

Fasziniert waren wir alle von ihren Erklärungen zu den unterschiedlichsten Apfelsorten, die sie in einem großen Korb mitgebracht hatte. Große und kleine, grüne und bunte, glänzende und stumpfe Äpfel wurden uns vorgestellt. Geschickt teilte sie die Äpfel und wir konnten so die unterschiedlichsten Sorten probieren. Nebenher erfuhren wir wissenswertes über die geschichtliche Bedeutung der heimischen Apfelsorten. Sie waren nicht nur längere Zeit lagerbar, sondern versorgten die Bevölkerung auch mit den nötigen Vitaminen, die in der kargen Winterzeit so auch Krankheiten wie den Skorbut verhinderten.

Es würde zu weit führen, alle Informationen von Frau Scherz hier aufführen zu wollen. Jede und jeder von uns erfuhr eine Menge über die Bedeutung der Apfelwiese und hier insbesondere über die Streuobstwiesen.

Mit dem Angebot uns jederzeit mehr über die Natur speziell im Habitat Rhein-Sieg Kreis zu erzählen, verabschiedete sich Frau Scherz. Wir konnten uns nur ehrlich und beeindruckt von ihrem Wissen bedanken und nahmen uns vor, beim nächsten Mal besser vorzubereitet zu sein.

Müde von den vielen Informationen machten wir uns auf den kurzen Heimweg. Ich bin mir sicher, dass die Teilnehmer der bald stattfindenden Grenzwanderung nun aufmerksamer auf die Natur links und rechts achten werden und vielleicht sehen wir dann auch in der Ferne:

….und kam die goldne Herbsteszeit und die Birnen leuchten weit und breit,……! 

(Theodor Fontane schrieb das Gedicht »Herr von Ribbeck«. Die entsprechenden Zeilen sind diesem Gedicht entnommen!)